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Medienbeobachtung: Wenn @schlandkette den Polittalk dominiert

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Schlandkette

Am 22. September 2013 wird in Deutschland gewählt: Die politische Medienbeobachtung ist jetzt im Bundestagswahlkampf so spannend wie nie. Oder doch nicht? Dieser Wahlkampf geht erstaunlich unaufgeregt, um nicht zu sagen unspektakulär, von der Bühne. Dennoch lassen sich einige interessante Dinge in der Medienbeobachtung zu diesem Wahlkampf erkennen. Beim gestrigen TV-Duell von Angela Merkel und Peer Steinbrück entwickelten die Zuschauer auf Twitter & Co. nicht nur erstaunliche Kreativität. Scheinbar unscheinbare modische Accessoires wie die Halskette der Kanzlerin wurden sogar kurzerhand zum heimlichen „Internet-Star“. Eines zeigt sich jenseits des scheinbar offensichtlichen Klamauk: Politikverdrossen sind die User nicht. Sie verhalten sich im Web nur anders als früher.

Abseits der “Schlandkette” belebt Twitter den politischen Diskurs

„Wenn zwei sich streiten, freut sich die Kette“, kommentiert die Sueddeutsche.de heute bissig in ihrem Blog-Post „Hätte, hätte, Deutschlandkette“. Und gab gleich einen Einblick, welch lebhafte Diskussion der Halsschmuck der Kanzlerin hervorruf. Nicht nur die Pressestelle von Google Deutschland bemerkte das Aufsehen um die Kanzlerinnen-Kette mit folgendem Tweet auf Twitter, als das Accessoire mit mehr als 5.000 Followern auf seinem eigens eingerichteten Account @schlandkette brillierte:

„Merkel setzt neuen Suchtrend bei #Google: Kette Merkel, Deutschlandkette, Schwarz Rot Gold Kette / cc @schlandkette #tvduell #btw13“

Auch Boulevard-Magazine machten sich gleich an die Arbeit, um die Kette näher zu analysieren. So erfuhr der interessierte User, dass die Farb-Reihenfolge schwarz-gold-rot wohl eher ein Bekenntnis der Kanzlerin zu Belgien als zu Deutschland sei. Gemeinsam mit dem Kölner Express lieferte sich die Bild-Zeitung eine gegenseitige Beweisführung, ob die Kanzlerin die Kette nun falsch angelegt habe oder es sich einfach um einen Modegag handle, der nicht ganz geglückt ist.

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Schlandkette auf Twitter

Unabhängig vom Eigenleben der Kanzlerinnen-Kette zeigen die obigen Ereignisse die Dynamik des Diskurses, den der Verlauf des Kanzler-Duells auf Twitter ausgelöst hat. Die einzelnen Kommentare enthalten natürlich viel Klamauk. So zeigten sich einige User sehr kreativ, die beiden Kontrahenten dank Photoshop miteinander zu einer „Großen Koalition“ zu verschmelzen oder eine „Merkel-Invasion“ im Bundestag zu skizzieren. Andererseits analysierten viele Twitterer sehr genau die Inhalte, die beide Duellanten in der Sendung zum Besten gaben. Was früher am Stammtisch oder in der Mittagspause diskutiert wurde, wird nun in Echtzeit „getweetet“. Die Macht und Schnelligkeit von Social Media wird hier einmal mehr deutlich.

Medienresonanz-Analysen: Socialmedia-Aktivitäten bedeuten nicht automatisch hohe Berichterstattung

Medienresonanz-Analysen der politischen Parteien decken ein interessantes Bild auf – abseits der offiziellen Wählerumfragen. So zeigt sich in der Analyse von Echobot, dass einerseits die CSU in sozialen Netzwerken anderen Parteien in der Präsenz weit hinter sich lässt. Andererseits dominiert die SPD in der Medienanalyse mit 107.474 Artikeln und ca. 104.838.203 Lesern (im Vergleich dazu die CSU mit 46.541 Artikeln und ca. 43.182.914 Lesern). Während die Union sich also in sozialen Netzwerken stark ins Zeug legt, wird damit nicht unbedingt häufiger über sie gesprochen bzw. geschrieben. Umgekehrt bedeutet für die SPD nicht, dass es in Wählerumfragen hilft, wenn viel über sie gesprochen/geschrieben wird. Bislang liegt sich nämlich in Umfragen hinter der CDU/CSU, wenngleich das noch nichts über den Ausgang der Bundestagswahl aussagt.

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Medienanalysen in der Politik

Werden Wahlen online entschieden? Wahlvolk ist im politischen Web sehr aktiv

Was sich definitiv zeigt, auch nach dem gestrigen TV-Duell: Die Online-Communities und somit auch die „realen“ Wähler sind sehr aktiv. Die Kommentarseiten auf Nachrichtenportalen sind rege besucht und zeigen die sehr bewusste Auseinandersetzung vieler User mit den Wahlprogrammen der Parteien. Auch wenn die Kommentatoren nicht die breite Mehrheit widerspiegeln, die (leider) seit einigen Jahren immer wahlmüder werden – der politische Diskurs findet online statt.

Ob die Wahl online entschieden wird, wie Jens Issel im PR-Blogger andeutet, ist offen. Jedenfalls sind Medienanalysen und Medienresonanzanalysen ein wertvoller Indikator von Stimmungen geworden. Dass die Formel „Hohe Präsenz = Positive Umfragewerte = Positiver Wahlausgang“, die Jens Issel anbringt, unbedingt zutrifft, wage ich zu bezweifeln. Die Macht von Facebook und Twitter in der politischen Diskussionen sollten die Parteien aber nicht unterschätzen und sich abseits offizieller Verlautbarungen durchaus darauf einlassen, einen Blick darauf zu werfen, was das Wahlvolk im Web so macht.


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